Haltungen in kreativen Prozessen 1

Weshalb sind Haltungen wichtig?

Steht dir der "innere Kritiker" im Weg, wenn du ein kreatives Projekt umsetzen oder ein Problem lösen möchtest? Oder hast du so viele Ideen im Kopf, dass du nicht ins Handeln kommst? Fängst du gute Ideen gleich an, und bringst deine Projekte nicht fertig? Oder sind sie so abstrakt, dass niemand ausser du sie versteht? 

Erfolgreiche Kreative, Manager*innen, Designer*innen, Forscher*innen und "Alltags-Menschen" haben  ein Gespür oder Bewusstsein für unterschiedliche Phasen in kreativen Prozessen, und können  - das ist am wichtigsten - jeweils die passende Haltung einnehmen. Das hilft, erfolgreicher durch die unterschiedlichen Prozessphasen zu gehen, statt wie in den Beispielen oben zu lange in einer Phase zu verweilen oder wichtige Schritte zu überspringen. Das habe ich 2004 von Roger von Oech gelernt. Das war eines meiner wichtigsten Aha-Erlebnisse, weil es so essenziell zum Umsetzen von Ideen ist. Für mich als ADHS-lerin ist das ZIKADE-Modell, das ich u.a. daraus entwickelt habe, eine wichtige Krücke. Andern hilft es, leichter den Überblick zu behalten und ausgewogen voranzugehen.


 

was ist das ZIKADE-Modell?

Das ZIKADE-Modell ist über die letzten 19 Jahre im Kontext von Schule, Alltag, Kreativität, Forschung und ADHS gewachsen. (Ein Video von 2012 ist hier: https://youtu.be/FVAlK4Oufxo?si=I4homq3QdJoyMQLm ) Die 6 Buchstaben sind eine Abkürzung für 6 Phasen, die in fast allen Prozessen wichtig sind (und es gibt andere Wortspiele für dieselben Phasen, wie WISDOM; IMPACT, MOSAIK, WONDER,  THRIVE, ):

  • Ziel, Überblick, Sinn, Absicht
  • Informationen und Ideen, Intuition und Inspiration sammeln
  • Kompetenz, Können, Kräfte, Kapazität, Rahmenbedingungen, Regeln und Gesetze
  • Auswählen, entscheiden
  • Durchführen, anpacken, tun
  • Evaluieren, Ernte, Rück- und Ausblick
     

In komplexen Prozessen können die Phasen auch verschachtelt sein, z.B. beim Forschen kann die Informationssuche auch zu mehreren eigenen Unterprojekten mit "ZIKADE"-Schritten werden.

Weil die unterschiedlichen Haltungen so essentiell wichtig sind, will ich in diesem Artikel über die unterschiedlichen Haltungen schreiben (ein kurzer Überblick, zu den einzelnen Phasen später mehr):

 

Ziel, Überblick, Sinn, Absicht:

Der Regisseur / die Chefin beobachtet und steuert den Prozess und hält das Ziel und das grosse Ganze im Blick.

Hier ist der Überblick wichtig. Ich trete einen Schritt zurück, nehme ich eine distanzierte Haltung ein, schauen aus der Meta-Ebene auf das Thema, betrachte den Prozess aus einer umfassenden Perspektive. Ich schaue aus einer Vogel-Perspektive auf den Prozess, die Etappen, die Zeit / Lebenszeit, die Umgebung / den Planeten, die beteiligten Menschen, Faktoren, Gefühle, Motivationen, ... In diese Haltung kehre ich immer wieder zurück, wenn ich wieder etwas Überblick brauche, mich im Prozess orientieren will. Das ist die Haltung des inneren Chefs, der inneren Dirigentin oder Kapitänin, der/die den andern Rollen im Prozess den Einsatz gibt.

(bild chef) Die Krone und die Pfeile im Bild deuten auf die Verbindung mit einer höheren Weisheit und mit den handfesten Umsetzungs-Instanzen hin. 

Im Zeitalter von KI ist das die Phase, wo wir in der "Stille", im "Herzen" zuerst selber wissen müssen, was unsere Absicht, der Sinn eines Projekts ist. Nach dieser persönlichen Klärung kann dann ChatGPT und so möglicherweise eine Hilfe sein.

 

Informationen und Ideen, Intuition und Inspiration sammeln

Die Forscherin/ der Künstler findet Informationen, Inspiration und Intuitionen und verbindet sie zu neuen Ideen.

Das ist meine Lieblingsphase, und ich tendiere dazu, hier sehr viel Zeit zu zu verbringen. Ich bin gwundrig=neugierig. Es gibt immer noch mehr zu entdecken, und Internet und Werbung angeln mit psychologischen Tricks nach unserer Aufmerksamkeit. Für andere kommt diese Phase zu kurz, weil der innere Kritiker immer mit einschränkenden Einwänden kommt, oder aus Gewohnheit denkt man in eher festen Bahnen.

In dieser Phase ist die Haltung offen, unbefangen, unvoreingenommen und neugierig wie ein Kind. Damit das nicht uferlos wird, ist es auch wichtig, das Suchgebiet einzugrenzen (und ev. ein Zwischenlager (Notizbuch, ...)  zu haben für Dinge, die auch interessant sind, aber nicht zur direkten suche gehören). Der Fokus ist weit offen für meine Forschung, für neue Informationen und Ideen zum Thema (die teilweise auch KI unterstützen kann), und für Intuition und Inspiration (wo unsere menschlichen "Antennen" - Körperweisheit, Verbindung mit der "Quelle", Intuition aus kreativem Gestalten zuständig sind. 

Wissen, wann ich genug Informationen habe und weitergehen kann.

Und wichtig für neue Lösungen für die Zukunft*, die wir nicht aus der Vergangenheit (Suchpool der KI) finden können. Open mind, open heart, open will - eine hörende Haltung - führt wssenschaftlich erwiesen und bewährt zu neuen, zukunftstauglichen Lösungen. Ganz viel Erfahrung dazu - "Leading from the emerging future" - findet sich im U-Prozess, der unterdessen weltweit bekannt ist unter innovativen, an Nachhaltigkeit interessierten Betrieben.

 

Kompetenz, Kräfte, Rahmenbedingungen, Grenzen, Regeln und Gesetze


ForscherIn und RegisseurIn schauen offen und mit Blick aufs Ganze auf die ganz konkreten Bedingungen und Begrenzungen (innere und äussere)für dieses Projekt.

Es gibt Grenzen meiner Kräfte und Kompetenzen. Oft denke ich, "das kann ich gut herausfinden", aber die Lernzeit verlangsamt das Projekt signifikant.  (wie lange brauche ich, um diesen Effekt in meine Videos bringen zu lernen?) Ist das wichtig? Macht es Sinn, das selber zu lernen, oder kann/will ich es outsourcen/ delegieren?

Wie viel Zeit (Geld, Platz, ...) habe ich, bis ich fertig sein muss oder will?

Kritische Stimmen: Kommt mir der innere Kritiker in die Quere? Ist das wirklich wahr? Meine Kompetenzen richtig (auch positiv) einschätzen!

Hier ist wieder eine sachlich-distanzierte Haltung aus der Meta-Ebene angebracht, freundlich-kritisch auf Tatsachen schauen, fragen: "ist das wahr?", ev. für neue Inputs zurück an "I":

Es gibt Einschränkungem, die ich vor einer Entscheidung berücksichtigen muss. So ist z.B. Meteoritensuche mit Metalldetektor nur mit einer Bewilligung vom archäologischen Dienst erlaubt...

 

Auswählen, entscheiden

Der Richter/ die Kritikerin beurteilt die Idee und entscheidet, was damit zu tun ist.

Hier schauen wir kritisch auf alle Informationen und wählen aus, was jetzt wichtig ist für das Projekt. Wir entscheiden uns aus dem vollen Überblick für ein Vorgehen oder eine Variante, die wir dann umsetzen. Auch dafür gibt es ganzheitliche Tools für Kopf, Herz und Hand. Hier können wir dem "inneren Kritiker" auch mal zuhören und seine Einwände neben allen andern Informationen abwägen. Und es gibt auch hier viele ganzheitliche Tools, für gute Entscheidungen, dazu später mal mehr.

 

Durchführen, anpacken, tun

Der Macher / die Kämpferin verwirlicht die Idee und kämpt gegen Widerstände.

 Hier geht es ans Ärmel hochkrempeln und ganz konkret unsetzen, was ich entschieden habe. haltung: Durchhalten, an der Entscheidung dranbleiben. Nicht von weiteren Ideen ablenken lassen (oder das bewusst neu anschauen und mich neu dafür entscheiden).

Auch hier ist eine (ADHS-)Falle: ich habe eine Idee, etwas zu tun, und beginne gleich, ohne zu Denken und mich wirklich zu entscheiden. Ich starte aus dem Impuls. Hier hilft mir als ADHS-lerin, den Prozess im Hinterkopf präsent zu haben, ans auswählem / entscheiden zu denken, und auch, dass ich jetzt dranbleibe, dass ich jetzt nicht neuen Ideen nachgehe (sondern sie wenn nötig kurz notiere), aber im Umsetzen bleibe. Dabei hilft mir oft ein Timer, ein Zeitgefäss mit einer definierten Absicht.

 

Evaluieren, Ernte, Rück- und Ausblick

Ich schaue aus der Meta-Ebene auf den Prozess zurück. Feiern, was ich vollendet habe, Pause, lernen aus dem Prozess. Das kann lernen aus Erfahrung sein, aber auch fragen: wie könnte ich das anders machen?


Fazit:

 Das Bewusstein für die Unterschiedlichen Prozessphasen und unterschiedlichen Haltungen hilft mir sehr, angemessener produktiver zu arbeiten. Wenn ich meine "Stolperstellen" kenne, kann ich besser darauf achten und damit umgehen. Wie geht es dir damit? Wo liegen deine kritischen Phasen im Prozess?


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